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#btw21 im Netz: Wie wir unsere Demokratie zukünftig vor digitalen Bedrohungen schützen

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Vorwort von Ben Scott

„Der Zustand einer Demokratie bemisst sich am Herzschlag ihrer politischen Öffentlichkeit“, sagte einst der Philosoph und Soziologe Jürgen Habermas. Doch wie klingt der Herzschlag einer Demokratie, deren Diskurse durch Hass und Desinformation vergiftet sind? Die Bundestagswahl 2021 markierte in der bundesdeutschen Geschichte mitten in der Pandemie eine Zäsur: Noch nie war ein Wahlkampf in Deutschland so digital. Das Netz ist längst für die Hälfte der Wählenden die wichtigste Informationsquelle, doch beteiligt sich nur ein Bruchteil von

Ihnen auch an politischen Diskussionen. Gerade die persönlichen Erfahrungen mit Hass und Desinformationen, vor allem bei den unter 34-jährigen, zeigt, warum das so ist. Somit wird in der digitalen Öffentlichkeit ein extrem verzerrtes Bild der Realität vermittelt. Verzerrt durch das Vorherrschen von extremen Ansichten und Unsinn, von dem Social-Media-Konzerne gelernt haben, dass sie damit die Aufmerksamkeit, die sie für den Verkauf von Werbung benötigen, besser erregen können. Wie ein altes Sprichwort besagt: „Eine Lüge kann um die halbe Welt reisen, während die Wahrheit ihre Schuhe anzieht“. Und das gilt für viele Themen von der öffentlichen Gesundheit in der Pandemie bis zum Klima.

In diesem Report haben wir zahlreiche Expert:innen um ihre Einschätzung gebeten, wie sicher das Netz als demokratischer Raum für politische Debatten war. Ob es um den Einsatz von politischer Werbung in sozialen Netzwerken oder die Verbreitung von Desinformationen zu Parteien und Kandidat:innen geht, zeigen die Einschätzungen der Expert:innen ein geeintes Bild: Ein in weiten Teilen funktionie-rendes demokratisches System, mit vertrauenswürdigen klassischen Medien oder politischen Kampagnen, die von gegenseitigem Respekt geprägt waren. Und große Desiderate in der Regulierung, Verantwortungsübernahme und Rechtsdurchsetzung gerade bei den sozialen Netzwerken.

Die Demokratie muss tun, was sie schon immer getan hat, wenn die Interessen des Marktes Amok laufen und das Gemeinwohl gefährdet ist: öffentliches Recht zum Schutz der Menschen erlassen. In Europa besteht nun mit dem Digital Services Act (DSA) sowie dem Digital Markets Act (DMA) die einmalige Chance, den Herz- schlag auch unserer politischen Öffentlichkeit zu schützen und die bisher fehlenden Regulierungslücken mit Bedacht und Weisheit zu schließen. Aus den vielen Erfahrungen, empirischen Befunden und Einschätzungen einer Vielzahl von NGOs, Wissenschaftler:innen, Journalist:innen und Expert:innen haben wir zusammen mit dem Leibniz-Institut für Medienforschung | Hans-Bredow-Institut ein Policy-Book entwickelt, das diesen politischen Gestaltungsprozess mit Anregungen und Ideen füttert, auch für die kommende Bundesregierung.

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